TburnA - Über den Wolken



Tracklist:

1.Intro
2.Höllenjahre
3.Falscher Freund
4.Über den Wolken
5.Eisiges Leben
6.Tsunami
7.Keep ya Head Up
8.Lass die Finger weg
9.Bis der Himmel uns holt feat Taichi
10.Broke
11.Angst
12.Mein Engel
13.Mein Juwel
14.Hoch jetzt das Glas
15.Niederrhein (Skit)
16.Richtung des Lichtes
17.Besseres Leben 2
18.Gebrochene Herzen
19.Struggle
20.Roter Horizont



"Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein.", sagte mal ein berühmter Philosoph namens Reinhard Mey. Dieser Philosophie widmete sich TBurnA jetzt auch in musikalischer Hinsicht und ließ in diesem sehr persönlichen Werk seiner Seele freien Lauf.

Das (zumindest metaphorisch) himmlische Werk soll jedoch der vorerst letzte mehr-trackige geistige Erguss der Rappers.in-Berühmtheit bleiben, da ihm diverse gesundheitliche Probleme den Weg verbarrikadieren. Vertreten auf den 20 Tracks sind neben seiner Exzellenz selbst eine sehr talentierte Sängerin, die entweder ungetauft ist oder anonym bleiben will, und als Highlight niemand Geringeres als der Berliner Taichi. So viel zum Drehbuch. Vorhang auf!

Dieses Album ist tiefschürfend und auf eine gewisse Art und Weise mitreißend. Sehr deepe Lyrics über sehr persönliche Themen auf pianolastigen Beats ziehen den Hörer für etwa 80 Minuten in das Leben des TBurnA. Der Einstiegstrack spielt jedoch ganz andere Harmonien: Rougher Representershit verteilt auf für ein Intro untypische zwei Parts und eine Hook. Ich finde das ist als würde man als Vorgruppe für einen klassischen Pianisten eine Metal-Band spielen lassen. Am Track an sich ist jedoch wenig auszusetzen, glatter Flow, überragende Reimtechnik. Toitoitoi.
Im Folgenden erlaubt sich der Künstler, ob Absicht oder nicht, eine große Portion Ironie, indem er über den Wolken von "Höllenjahren" redet. Wie auch immer, der Track ist gut geschrieben und hat einen schönen Beat, nichts auszusetzen.
Klänge dieser Art ziehen sich durch das ganze Album. Solide und technisch gute Musik, die aber nach einer gewissen Fülle an Tracks nichts Besonderes mehr ist, da sie sich nur von der Thematik unterscheiden, und dem ein oder anderen langweilig erscheinen könnte.

Es gibt allerdings auch noch ein paar Schokokirschen in der Schachtel: So ist wohl eines der Highlights ganz klar das Feature mit Taichi, der zusammen mit dem Gastgeber auf "Bis der Himmel uns holt" einen überragenden Song auf einem genialen Beat abliefert.
Zudem sind die Tracks auf denen Mrs. Unbekannt ihre Gesangskünste spielen lässt auch immer ein Ohrenschmaus. Zu hören gibt es die Leckerbissen auf dem allseits bekannten Titeltrack "Über den Wolken" und auf dem Gänsehaut erregenden "Besseren Leben".
Die Kirschen mit etwas mehr Würze sind die raren Tracks, auf denen TBurnA mal auf die Kacke haut. Zwei an der Zahl:
Einmal der an Fler erinnernde "Tsunami", auf welchem sich ein flowliches Experiment hören lässt. Es kommt zumindest so rüber, da er sich hier ganz klar vom restlichen Einheitsbrei abhebt. Mir persönlich gefällt es nicht, aber hier kommt die berühmtberüchtige Geschmackssache wieder zum Streitpunkt.
Zum anderen fordert uns TBurnA dazu auf die Kelche in die Höhen zu strecken. Auf "Hoch jetzt das Glas" gibt er einen Partytrack in Extremstform zum besten. Die Lyrics klingen wie ein Drehbuch für einen Hardcore-Porno in Reimform.

Crazy, ich hab Lipgloss an meiner Eichel kleben/,
nices Leben/ Bigboss - jede Bitch muss Speichel geben/

Neben der ganzen handfesten und gut produzierten Musik gibt es allerdings auch, wie auf jeder Platte, eindeutige Flops. Der größte ist wohl "Mein Engel". Der Song geht an seine Tochter und ist ganz bestimmt nett gemeint, aber auf musikalischer Ebene ein völliges Disaster. Das ist absolutes Anfängerniveau hinsichtlich des Flows, der Stimmlage und auch des Beats. Schade drum.
Aufgefallen ist mir auch eine sehr markante Stelle in dem Track "Gebrochene Herzen". Dort gibt es eine Line, die jeden aufmerksamen Zuhörer zum Zusammenzucken bewegen wird:

Dachte das hält für ewig/, dachte die Welt sei gnädig/
doch in Wahrheit ist sie bloß -huh- ein großer Penis/

Expressionistische Verfehlung ersten Ranges. Aber ansonsten ein schöner Track.

Beendet wird der Longplayer mit dem Track "Roter Horizont", der lyrisch auch das weltliche Ableben des TBurnA dokumentiert, indem er sich am Ende des Tracks umbringt. Tragischer Song, der ein letztes Mal unter die Haut geht.

Alles in allem eine runde Sache. Flows, die fast immer makellos sind und sich über jede Metrums-Struktur hinwegsetzen, ausgefeilte Reimtechniken und schön geschriebene Lyrics auf meist guten bis überragenden Beats. Zerpflückt super, nur leider harmoniert es nicht immer so, wie man es sich wünschen würde. So merkt man doch deutlich, dass mehr Augenmerk auf die Technik und den Flow gesetzt wurde als auf das authentische Rüberbringen der Lyrics verwandt wurde. Das mag gut ankommen in Battles und bei Representer-Shit, aber ich denke bei so persönlichen Texten macht das die Stimmung oft kaputt, da sich unser TBurnA anhört wie der Microsoft Sam. Aber vielen wird das womöglich gar nicht auffallen und somit kann ich "Über den Wolken" als eingetragenes und käuflich erwerbliches Genussmittel guten Gewissens weiterempfehlen.


greet Seriuz